Netto und VfL Bochum: Keine Weltverbesserer

Netto SupermarktDer erhoffte mediale Aufschrei bleibt einfach aus. Kürzlich zeigte der SWR die investigative Dokumentation „Das System Netto. Überstunden und Geld vom Staat“. Darin kommen Mitarbeiter des Discounters zu Wort, die unter schlimmen Arbeitsbedingungen leiden. 60- bis 70-Stunden-Wochen, Überstunden, die nicht bezahlt werden, geschweige denn abgebummelt werden können. Azubis, die wie Stammkräfte arbeiten müssen. Und was macht Netto?

Beantwortet die Anfragen des Journalisten schriftlich. Verweist auf geltende Tarifverträge, auf einen fairen Umgang miteinander, auf gesetzliche Vorgaben. Und sitzt die Kritik ansonsten einfach aus. Die Spill-Over Gefahr scheint aus Netto Sicht wohl relativ gering (siehe hierzu auch meinen Beitrag über Air Berlin). Dafür finden sich auf der Homepage die Ankündigung zu einem neuen „Frischeberater“-Schulungskonzept, die Vorhersage, dass 2.000 neue Arbeitsplätze 2015 geschaffen und zwei Meldungen, dass Netto-Azubis top sind und dafür geehrt werden. Insgesamt ist das Thema nicht neu: Bereits 2011 produzierte der NDR einen fast identischen Beitrag zum Thema Netto.

Offensichtlich führen schlechte Arbeitsbedingungen nicht zwangsweise zum kollektiven Aufschrei, erst im Kontext mit sogenannten ’selbstzentrierten Themen‘ scheint die Aufmerksamkeit deutlich zuzunehmen. Gesundheit, Hygiene, Essen und Trinken wären solche. Vielleicht ist deshalb der Aufschrei bei Krisen der Deutschen Bahn immer besonders hoch.

Vielleicht ahnt der Verbraucher aber auch, dass er mit seiner „Geiz ist geil-Mentalität“ an Verhältnissen, wie denen bei Netto irgendwie mitschuldig ist. Vermutlich würde erst dann eine ernsthafte Krise ausbrechen, wenn der Discounter plötzlich massiv die Preise erhöhen würde – diverse Kommentare zur SWR-Dokumentation gehen in diese Richtung.

Übrigens: Neu ist die Meldung, dass Netto weiterhin Hauptsponsor des VfL Bochum bleibt. „Rot-Gelb auf der Brust. Blau-Weiß im Herzen“ heißt es da. Just einen Tag nach der Ausstrahlung der kritischen Fernsehdokumentation verkündet der Verein die Vertragsverlängerung. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Immerhin: Ein paar Fans weisen auf die Arbeitsbedingungen bei Netto hin, einer stellt den Link zur SWR-Doku auf die Seite. Doch auch hier nur lauer Widerstand: „Es ist nicht am VfL Bochum die Welt zu verbessern“.

Fotocredit: CC0 1.0

2 Gedanken zu „Netto und VfL Bochum: Keine Weltverbesserer

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