Die täglichen Hiobsbotschaften zur Lage der Wirtschaft wurden Mitte April um eine bisher ungekannte Note ergänzt: Aufgrund der extremen Unsicherheiten verweigerte das Deutsche Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in seiner Frühjahrsanalyse eine bezifferte Konjunkturprognose für 2010.
Die Wirtschaftsgurus rufen den Notstand aus und erklären den Bankrott der Prognosemodelle. Die ersten Wirtschaftsforscher kapitulieren öffentlich – eine geradezu bizarr anmutende Situation. Doch was jetzt unter den Prognostikern eine völlig neue Dimension erreicht hat, ist bei den deutschen Großunternehmen in den vergangenen Wochen geradezu zum Standard geworden: Wie das Handelsblatt in seiner gestrigen Ausgabe berichtete, hielt sich das Gros der DAX30-Aktienkonzerne mit Umsatz- und Gewinnprognosen für das laufende Geschäftsjahr zurück und vertröstete die Shareholder mit einander verblüffend ähnlichen Argumenten.
Noch vor kurzer Zeit undenkbar, akzeptiert die Medienberichterstattung fehlende Vorhersagen mittlerweile mit einer gewissen Gleichgültigkeit. Und nicht nur die Medien, selbst die Finanzanalysten von „Rating Ltd.“ scheinen sich damit ein wenig arrangiert zu haben. Besonders bei den Banken und Automobilherstellern ist die verweigerte Prognose auch eine Lehre aus 2008, als statt angekündigter Gewinne mitunter die Bitte um Staatsbeihilfen offeriert wurden.
Es ist also nur ein Gebot der Ehrlichkeit, wenn Unternehmen angesichts der Lage die Waffen strecken und keine konkreten Umsatz- und Gewinnerwartungen kommunizieren. Bis die Bodenbildung der Konjunktur einsetzt heißt es: Lieber noch ein Stirnrunzeln wegen „no forecast“, statt Prügel wegen einer später notwendigen Gewinnwarnung einstecken.
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