Wie schwer sich Unternehmen noch immer im Umgang mit dem Web 2.0 tun, hat jüngst das Beispiel Jako deutlich gemacht. Der Sportartikelhersteller hatte mit Kanonen auf Spatzen geschossen, als er dem Blogger Frank Baade wiederholt Unterlassungserklärungen und Zahlungsaufforderungen schickte, weil dieser sich in seinem Weblog kritisch über das neue Logo des Trikotausstatters äußerte. Gerade einmal 400 Internetuser dürften seinen Beitrag bis dato gelesen haben. Dass die Netzgemeinde mit vereinten Kräften zurückschießt, hatte Jako jedoch nicht auf der Rechnung. Von der Unverhältnismäßigkeit der Mittel über das Beschneiden der Meinungsfreiheit bis hin zum unrechtmäßigen Versuch, tausende Euro einstreichen zu wollen lauteten die Vorwürfe in Blogs, Foren und unzähligen Kommentaren. Nur einen Tag später hatte die Aktivität in der Szene auch die Massenmedien auf den Plan gerufen. Spiegel Online nimmt den Vorfall zum Anlass für einen Artikel, wie das Internet die Öffentlichkeitsarbeit verändere. Handelsblatt.com berichtet derweil genüsslich über den sogannannten „Streisand-Effekt“; das Internetphänomen, wenn der Versuch, Informationen aus dem Netz zu eliminieren dazu führt, dass diese in noch größerem Umfang publik werden. In Anlehnung an Barbara Streisands gescheiterte Bemühungen, Luftaufnahmen ihres Strandhauses entfernen zu lassen, was ihre Adresse letzlich erst richtig bekannt machte. Jako sei die neue Streisand, konstatierte der Handelsblatt-Journalist Thomas Knüwer. Doch damit nicht genug: Binnen kürzester Zeit führte Verhalten des Sportartikelherstellers im Internet zum Boykottaufruf und zur Diskussion über eine mangelnde Qualität der Sportbekleidung.
Jako selbst setzte der Entwicklung nichts entgegen und äußerte sich zunächst nicht. Völlig verständlich, dass sich Journalisten dann eben andere Informationsquellen suchen und sich gerne wieder an Baade wenden, dessen Artikel der Aufhänger der ganzen Geschichte war. Der Blogger sagt, zwischenzeitlich habe Jako die zweite Forderung fallen lassen. Wenn er einen dem Unternehmen freundlich gesinnten Artikel veröffentlichen würde, könne man auch über die erste Forderung reden. Ein beinah lächerlicher Versuch, so billig lässt sich verlorengegangene Reputation nicht zurückkaufen. Immerhin hat der enorme Mediendruck zu einer späten Entschuldigung geführt: Auf der Website des Unternehmens heißt es jetzt reuig, „rückblickend betrachtet, wäre es viel besser gewesen, wir hätten mit Herrn Baade persönlich Kontakt aufgenommen und die Sache mit ihm direkt geklärt.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
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