Ein Abgeordneter des italienischen Parlaments ruft zum Boykott der Nationalpasta auf. Sein Aufruf ist nur das i-Tüpfelchen auf dem Berg der Empörung, den Aktivisten und tausende Verbraucher in den sozialen Medien unter #boicottabarilla aufgetürmt haben. Italiener, die italienische Pasta boykottieren?
Der Abgeordnete heißt Alessandro Zan. Er sitzt nicht nur für die linke SEL (sinistra ecologica liberta) Partei im Abgeordne-tenhaus, sondern ist auch Aktivist für die Rechte Homosexueller. Sein Gegenspieler in dieser Geschichte ist Guido Barilla, Chef der gleichnamigen Pastamarke. Der hatte in einem Interview mit dem italienischen Radio 24 (hier der Link zur Orginalsendung) deutlich gemacht, wofür seine Marke steht, nämlich für Tradition und Familie. Dies spiegele sich auch in der Werbung für die Marke wieder, wo ein „klassisches“ Familienbild durch die Konstellation Mutter-Vater-Kind, die gemeinsam Barilla Produkte genießen, inszeniert wird. Bis hierhin soweit so konservativ und vom Prinzip okay. Auf Nachfragen ließ Guido Barilla sich aber zu einem Statement mit Sprengkraft hinreißen: Das traditionelle Familienbild schließe homosexuelle Paare aus, ein Homo-Paar in einer Barilla-Werbung sei unvorstellbar. Er sei auch gegen ein Adoptivrecht für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Wem das nicht passe, solle eben zu einer anderen Marke greifen.

Aus traditionellen Rigatoni werden satirische „Bigotoni“, Screenshot stern.de, Orginalquelle: twitter.com/OvidPerl/
Rumms! Nicht nur, dass der Barilla-Chef seine erzkonservative Meinung medial kundtat. Nein, er verknüpfte auch gleich noch seine Meinung direkt mit seiner Marke. Und noch bevor überhaupt jemand „Boykott“ schreien konnte, forderte er Konsumenten genau dazu auf. Nun kann man darüber spekulieren, ob Barilla Konsumenten einfach nicht mehr nötig hat. Oder ob Guido Barilla einfach nicht wusste, was er tat. Im Fußball würde man jedenfalls sagen: Steilvorlage in den eigenen Strafraum. Der Sturm der Gegner jedenfalls war hellwach. Unter dem Hashtag #boicottabarilla tobte die Entrüstung der Verbraucher durch die sozialen Medien, angeheizt von Aktivisten für die Gleichstellung Gleichgeschlecht-licher und flankiert von massiver Negativ-berichterstattung (hier zum Beispiel bei HuffPost live). In Deutschland spricht der Stern von einem „PR Desaster“, der Focus nennt es „Häme und Spott“. Man hatte zwischendurch das Gefühl, halb Europa regt sich wahlweise auf oder macht sich lustig.
An diesem Beispiel lässt sich schön ablesen, wie sensibel, schnell und massiv Verbraucher auf die Äußerungen von Unternehmen reagieren. Barilla sieht dadurch nicht mehr „traditionell“, sondern ziemlich alt aus. Gerade weil in diesem Fall verbal nicht mit dem Florett gefochten wurde, wird die Krise vermutlich doch Auswirkungen auf den Abverkauf haben. Oder salopp gesagt: ein zehn Sekunden Interview kann schon mal ein paar Millionen kosten und die über Jahrzehnte aufgebaute Reputation zerstören.
Bleibt abzuwarten, wie der Pastamacher die Krise nun aufarbeitet. Die Entschuldigungen über Twitter (hier der Link zum offiziellen Twitterkanal von Barilla) oder auf der US facebook Seite von Barilla (hier) dürften nicht ausreichen, um wieder in normales Fahrwasser zu kommen.