Krautreporter und die Hyper-Erregung im Netz

GeraInstagram_Tilo Jungde wurde er wieder gefeiert, der Weltfrauentag. Der 8. März ist für viele ein guter Zeitpunkt, frohe Botschaften politisch korrekt zu verbreiten. Und nichts eignet sich dazu besser, als die sozialen Medien. Allerdings durfte Krautreporter Tilo Jung jetzt schmerzhaft erfahren, dass gut gedacht noch lange nicht gut gemacht bedeutet. Dass ein einziger schneller Upload nach hinten losgehen kann und man sich, vom Selbstverständnis eher bei den supersmarten investigativen Journalisten beheimatet – urplötzlich inmitten veritabler Anfeindungen wiederfindet.

Was war passiert? Auf seinem Instagram Account postet Jung eine Bilderreihe, die zeigt, wie eine Frau im Bikini von hinten in den Rücken getreten wird und zu Boden geht. Seine knappe Bildunterschrift: „Women‘s Day“. Das Foto verbreitet sich rasend schnell, Juliane Leopold und Mario Sixtus gehören zu den ersten, die sich äußern. Freundlichkeitsofferten werden dabei nicht ausgetauscht, die öffentliche Erregungskurve steigt fieberhaft an.

In unseren Zeiten der Hyper-Erregung kam es, wie es kommen musste: Viele wollten den Kopf von Jung rollen sehen, auch andere Krautreporter. Aber das passierte (erst einmal) nicht. Thilo Jung erklärt sich auf Facebook: „Es soll keine Entschuldigung für das Posten von geschmacklosen Bildern sein, aber ich hoffe auf euer Verständnis, dass es anders gemeint war und mein Fehler darin liegt, meinen „blinden Fleck“ nicht zu erkennen. Daran werde ich arbeiten.“ In einem Kommentar reagiert Sebastian Esser, einer der Gesellschafter von Krautreporter, dass „dieser Post frauenfeindlich“ sei, aber man Jung nicht fallen lasse, da er sich gegenüber der Redaktion erklärt und entschuldigt habe.

Um es kurz und knapp zu sagen: ja, die Bilder sind frauenfeindlich, es war schlichtweg dumm, sie ohne Kontext zu posten. Aber die Position der Krautreporter-Macher ist richtig. Fehler werden gemacht. Sich zu erklären und zu entschuldigen, sollte auch zu einer zweiten Chance führen (können). Nicht jede Hyper-Erregung, nicht jeder Shitstorm muss in einen weiteren Justine-Sacco-Case enden – einem dramatischem Fall, in dem die Betroffene aufgrund eines einzigen missverständlichen Tweets beinahe untergegangen wäre. Darin liegt die eigentliche Quintessenz der Geschichte.

Ein Gedanke zu „Krautreporter und die Hyper-Erregung im Netz

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