Verbandskommunikation ist in der Regel eine sehr spezielle Art der Öffentlichkeitsarbeit. Häufig abwartend, defensiv und wenig progressiv. Schließlich gilt es, keinem Mitglied oder Stakeholder auf den Schlips zu treten. Zu viele Meinungen wollen unter einen Hut gebracht werden. Das führt dann dazu, dass offizielle Verbandskommunikation meist trocken und mutlos daherkommt – es regiert der kleinste gemeinsame Nenner. Was sich allerdings letzten Donnerstag im Handelsblatt Streitgespräch abspielte, hatte eine andere Qualität. Sogar das Wirtschaftsblatt selbst spricht von einer „heftigen Auseinandersetzung“.
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Goldener Windbeutel: Mehr als heiße Luft?
Er ist meist süß, cremig gefüllt und immer ziemlich aufgeblasen: der Windbeutel. Gerade wegen dieser letzten Eigenschaft hält das unschuldige Gebäck immer wieder her als Symbol für Menschen, die viel warme Luft verbreiten – ohne inhaltliche Substanz dahinter. Seit einigen Jahren gibt es den Windbeutel auch in Gold, verliehen von der Organisation Foodwatch für die „dreisteste Werbelüge“. Wie sich jeder denken kann eine Auszeichnung, für die sich kein Unternehmen freiwillig bewirbt. Deshalb trifft Foodwatch eine Vorauswahl und lässt die Verbraucher online aus einer Liste an fünf Vorschlägen abstimmen. Einsendeschluss dieses Jahr: der 30. September.
Dafür stehe ich nicht mehr mit meinem Namen
Da knallten bei Foodwatch in Berlin sicher die Korken – schon kurz nachdem die NGO ihre Kampagne gegen Hipp Kinder-Instant-Tees gestartet hatte, verkündete der Hersteller, die umstrittenen Produkte bis Jahresende vom Markt zu nehmen. Ersetzt werden sollen die Früchtetees, die laut Focus.de zu mehr als 90 Prozent aus verschiedenen Zuckerarten bestehen, durch einen Alternative ohne zusätzliche süße Dickmacher. Der scheinbar entscheidende Punkt war die Nominierung für den „Goldenen Windbeutel“ – die dreisteste Werbelüge des Jahres. Einen Preis, den wirklich keiner will.
Wie immer, wenn Foodwatch ruft – und die selbsternannten Essensretter melden sich in schöner Regelmäßigkeit – ist das Medienecho gewaltig. Der Focus fragt süffisant: „Steht Claus Hipp auch dafür mit seinem Namen?“, n-tv spricht von „Irreführung der Verbraucher“ und der Kölner Stadtanzeiger titelt „Kindertees: Vertrauen missbraucht“. In BILD erklärt das Unternehmen, dass die „Entscheidung für das Ende der Zuckergranulat-Tees nichts mit der Aktion von Foodwatch zu tun habe“. Wenig glaubhaft? Oder nur schlechtes Timing? Interessanterweise ist auf der Website des Unternehmens nur relativ versteckt etwas über das Thema zu finden. Allerdings ist die Argumentation dort dann schlüssig und selbstbewusst: „Die kritisierten Tees liegen mit einem Zuckergehalt von 3,8% im trinkfertigen Produkt auf dem Niveau einer Apfelsaft-Schorle (…)“. Ausserdem habe man in seinem Sortiment zuckerfreie Alternativen.
Insgesamt lässt sich natürlich die Frage stellen, warum immer mehr Unternehmen schon bei den leichtesten Anzeichen einer Krise einknicken. Sicher, ein hoher Zuckergehalt in Kindernahrungsmittel ist ein großes Thema. Und das Zeug gehört in hohen Konzentrationen dort auch nicht hin. Allerdings blendet die einseitige Betrachtungsweise und die mediale Empörung auch immer den mündigen Verbraucher aus, dem man abspricht, Verpackungen richtig lesen zu können.