MAYBE no support?

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Screenshot horizont.net

Jetzt also doch und definitv: das Ende für Marlboros Maybe Kampagne. Erst das Urteil aus Bayern und dann macht auch noch BILD den Chef von Philip Morris zum Verlierer des Tages. Damit ist alles klar? Mitnichten. Denn prinzipiell hat Philip Morris (PM) vieles richtig gemacht, als sich nach dem Launch der ersten Kampagnenmotive 2012 massive Kritik abzeichnete. Wissenschaftler der Universität Hamburg und das Deutsche Krebsforschungszentrum machten damals mobil gegen die Maybe-Kampagne, die Kampagne verleite gezielt Jugendliche zum Rauchen. Philip Morris widersprach dem Vorwurf, zeigte sich aber redebereit, handelte direkt, indem Außenwerbung zum Teil ausgesetzt wurde, überarbeitete die Kampagne und hat mit der Wettbewerbszentrale eine unabhängige Institution eingeschaltet, die den abgewandelten Auftritt legitimiert. Und doch ist jetzt, rund ein Jahr später, das Verbot der Kampagne deutschlandweit amtlich.

Gegenseite mit schwachen Argumenten

Das verwundert, ist doch die Argumentation der Gegner von PM, sie verleite Jugendliche zum Rauchen, nicht gerade überzeugend (hier die dpa Meldung bei Spiegel online). Schaut man sich die besagten Motive mit den dem Teenageralter deutlich entwachsenen Protagonisten an, könnte man ebenso gut interpretieren: Hier werden eher Endzwanziger angesprochen, die sich im Reich der unendlichen Seinwerdungsmöglichkeiten nach klarer Kante sehnen. Genau diesen Kontext griff beispielsweise ein Volontär an der Axel-Springer-Akademie auf (hier der Artikel auf Welt.de). Er sollte es wissen, schließlich ist der Mann 29. Gewichtigere Argumente der Gegenseite wären Studien gewesen, die belegen, dass Jugendliche die Kampagne tatsächlich signifikant wahrnehmen. So wie 2012 geschehen in der Befragung von Jugendlichen der Mennekes Umweltstiftung (durchgeführt von GfK). Hier der Link zu den Studienergebnissen.

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Nur: das scheint in der jetzigen Berichterstattung zum bundesweiten Verbot keine Rolle mehr zu spielen. Was beim verwunderten Leser ankommt ist: die Maybe Kampagne setzt auf coole Typen. Das holt Jugendliche in ihrer Lebenswelt ab und verleitet sie so zum Rauchen. Darum wird ein Bundesweites Verbot verhängt. Ernsthaft? –  fragen sich da selbst eingefleischte Nichtraucher wie ich. Wenn das so weiter geht, sind wir wirklich bald dabei alles und jedes zu regulieren: Was wir wie wo und in welchem Umfang konsumieren. Den mündigen Verbraucher, auch den jungen gibt es also nach Ansicht des bayrischen Gerichts nicht. So betrachtet ist dann der „Veggie Day“ der Grünen dann auch nur noch Kleinkram.

PS: Philip Morris prüft derzeit rechtliche Schritte gegen den Erlass. Es bleibt also spannend, auch wie der Konflikt kommunikativ weiter ausgetragen wird.

Pferde essen – wir haben uns umgehört

KP_P_GRAFIK5_PF_130228XDie Hiobsbotschaften um Pferdefleisch nehmen kein Ende, die Medien stürzen sich lustvoll auf jedes neue Detail und käuen längst Bekanntes gnadenlos wieder. Die Anzahl schlechter Pferdewitze ist rapide gestiegen (siehe auch Twitter: #Lasagne) und der vor kurzem noch geneigte Leser wendet sich ermattet ab. Die Industrie hat den Schaden, oder vielleicht doch nicht? Die Politik muss es regeln, oder vielleicht wir, also der Verbraucher selbst? Und ganz nebenbei: Ist Pferdefleisch wirklich so schlimm? Wir wollten es etwas genauer wissen und haben die Bundesbürger in einer repräsentativen Umfrage am letzten Wochenende interviewen lassen.

Gleich vorweg und wenig überraschend: 60 Prozent der Befragten fühlen sich von der Lebensmittelbranche wissentlich getäuscht fühlen. Die Zahlen sind aber deshalb alarmierend, weil fast die Hälfte der Deutschen sagt, durch die vorangegangenen Lebensmittelskandale sei ihr Vertrauen in die Lebensmittelqualität ohnehin sehr gering. Zusätzlich schwingt hier auch die Unterstellung mit, dass die Industrie aus der Vergangenheit keine Lehren gezogen hat. Schon deshalb drückt der Skandal erneut massiv auf das Image der Lebensmittelbranche. Hier trifft der Unmut der Verbraucher vor allem die Zulieferbetriebe – 45 Prozent der Befragten sagen, ihre Einstellung gegenüber den Zulieferern der Lebensmittelbranche habe sich deutlich verschlechtert. Weitere 35 Prozent meinen, sie habe sich zumindest verschlechtert. Und auch Produzenten und der Lebensmitteleinzelhandel kommen nicht viel besser weg.

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Während bei früheren und vergleichbaren Umfragen der Wunsch nach staatlichen Konsequenzen hoch war, ist dies im aktuellen Sample spürbar rückläufig. Forderten etwa beim Dioxin-Skandal 2011 noch 91 Prozent stärkere Kontrollen der Regierung, wird dies jetzt nur noch von 60 Prozent der Bürger verlangt. Dieser signifikante Rückgang lässt sich unterschiedlich interpretieren: Obwohl medial stark kritisiert, ist das Verbraucherschutzministerium in den Augen vieler Menschen deutlich aktiver geworden. Oder aber die andere Lesart: Resignation der Verbraucher und sinkendes Vertrauen in die Politik.

Zwei weitere Unterschiede fallen auf: Dass sich die Wirtschaft stärkere Selbstkontrollen auferlegen muss, forderten nach dem Dioxinskandal noch 76 Prozent der Befragten. In der Befragung vom Wochenende sind es lediglich 45 Prozent. Und auch bei der Rolle und Verantwortung des Verbrauchers überraschen die Zahlen: Forderten 2011 nach dem Dioxin-Skandal noch 62 Prozent, Verbraucher müssten bereit sein, mehr für hochwertige Lebensmittel zu bezahlen, so sind es aktuell nur noch 36 Prozent. Offensichtlich haben die zahlreichen Lebensmittelskandale und deren mediale Skandalisierung Abnutzungsspuren beim Konsumenten hinterlassen. Dies erklärt möglicherweise auch eine andere Zahl: Nur etwa die Hälfte fordert aktuell eine transparentere Darstellung auf den Packungen.

Vergleich Dioxin

Ob der Skandal tatsächlich den Fleischkonsum der Deutschen beeinflusst, werden in einigen Wochen die Zahlen des Handels zeigen. Die immer wieder öffentlich gewordenen Rückrufaktionen lassen da einiges erahnen. Laut unserer Umfrage verzichten derzeit 36 Prozent der Befragten auf Fertiggerichte aus Rindfleisch. Darüber hinaus geben 24 Prozent der Befragten an, aufgrund der aktuellen Vorfälle langfristig ihr Verbraucherverhalten ändern zu wollen.

Das vielleicht überraschendste Ergebnis der Befragung, ist allerdings ein anderes: Die deutschen Verbraucher lehnen Pferdefleisch nicht grundsätzlich ab. Eine klare Kennzeichnung vorausgesetzt, würden 42 Prozent der Befragten auch Pferdefleisch kaufen (Ablehnung 45 Prozent, unentschlossen 13 Prozent). Anders als vermutet, sind die deutschen Verbraucher scheinbar wenig zimperlich bei der Wahl des Fleischs – nur drauf stehen sollte es!

Pferde essen

Alle Ergebnisse der Umfrage unter www.ketchumpleon.de. Lesen Sie auch unter www.kpg-blog.de und http://www.foodfunk.de